Der OGH hatte folgenden Fall zu beurteilen: Zwei Tageszeitungen vertreiben ihre Produkte ua über Zeitungsentnahmeboxen (sogenannte Schütten). Die Klägerin brachte einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ein. Sie stützte diesen darauf, dass sie die Urheberin der von ihr verwendeten Zeitungsschütten sei und die Beklagte durch deren Entnahmeboxen in das Vervielfältigungs- und das Verbreitungsrecht der Klägerin (§§ 15, 16 UrhG) eingreife.
Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wurde rechtskräftig abgewiesen. Bereits das HG Wien als Erstgericht verneinte, dass die von der Klägerin verwendete rote Entnahmebox ein Kunstwerk iS von § 1 Abs 1 iVm § 3 Abs 1 UrhG darstelle. Der OGH führt in seinem Beschluss aus, dass die Frage, ob sich in einem Werk Technik und Kunst verbindet und damit auch ein Kunstwerk im Sinn des UrhG vorliegt, nur dadurch zu lösen sei, dass untersucht wird, inwieweit die verwendeten Formelemente technisch bedingt sind und inwieweit sie lediglich der Form halber, aus Gründen des Geschmacks, der Schönheit, der Ästhetik gewählt wurden. Der OGH hat sich somit der bereits vom OLG Wien vertretenen Ansicht angeschlossen und die von der Klägerin als für den Werkcharakter maßgeblich ins Treffen geführten Gestaltungselemente als vorwiegend technisch bedingt angesehen. Die Argumente dafür lauten: erleichterte schnelle Zeitungsentnahme, Möglichkeit der einladenden Präsentation, abgerundete Ecken zur Verringerung der Verletzungsgefahr, frei bleibende Flächen, die für Werbung genutzt werden können.
Die Klägerin hat ihren Anspruch auch auf das UWG gestützt; doch auch damit ist sie nicht durchgedrungen. Von einer sklavischen Nachahmung/glatten Übernahme könne - so der OGH - keine Rede sei, weil die Zeitungsentnahmebox der Beklagten jener der Klägerin zwar ähnlich sei, aber va in der Gestaltung des Trennelements und der Farbgebung unterschiedlich sei. Eine unmittelbare Leistungsübernahme und der Einsatz technischer Vervielfältigungsverfahren liege daher nicht vor. Dass die für die vermeidbare Herkunftstäuschung oder unlauteres Imitationsmarketing erforderliche Verwechslungsgefahr nicht vorliegt, sei dem OGH zufolge im Hinblick auf die klar unterschiedliche Farbgestaltung, die groß und unverwechselbar auf die jeweils angebotenen Zeitungen hinweisende Beschriftung und die offen angebotenen Waren naheliegend.
(OGH 23.02.2016, 4 Ob 13/16i)